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Schadensberechnung beim Filesharing: 42

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Schadensberechnung beim Filesharing: Die Unterlassungsstreitwerte und die Höhe der Schadensersatzansprüche differieren derzeit an den unterschiedlichen Gerichtsbezirken erheblich. In nicht wenigen Fällen bestehen sogar zwischen den Amts- und Landgerichten im gleichen Gerichtsbezirk erhebliche Unterschiede. In diesem Beitrag soll versucht werden numerisch (und dogmatisch) einen Vorschlag zu unterbreiten.

1. Vorüberlegung zur Bemessung der Unterlassungsstreitwerts und des Schadensersatz

Nach meiner Meinung ist es zwingend geboten Schadensersatz (nach der Lizenzanalogie) an den Unterlassungsstreitwert zu binden (und umgekehrt). Neben dogmatischen Überlegungen werden die Zahlen ansonsten völlig beliebig. Ferner ist zur Bestimmung des Schadensersatz nach der Lizenzanalogie zu berücksichtigen, dass Filesharing von Privatpersonen nicht aus kommerzieller Motivation geschieht. Es geht nicht darum sich selber einen Vorteil anzueignen, der höher als der Wert der Erlangung eines einfachen Nutzungsrechts ist. Die Bejahung des „gewerblichen Ausmaßes“ in den Auskunftsverfahren, deren Reichweite aus gutem Grund auch lange umstritten war, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einen Unterschied macht, ob jemand sich die Kosten eines Albums ersparen will und die Verbreitung in einer Tauschbörse allenfalls billigend in Kauf nimmt, oder ob die wirtschaftliche Auswertung motivationsführend ist. Entscheidend ist,  ob der Verbreitende einen kommerziellen Vorteil aus der Verbreitung anstrebt, der über die Eigenerlangung des Werks hinausgeht. Der korrekte Maßstab ist also der neu in Kraft getretene 97a Abs 3 Nr 1 UrhG (nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet). Der Gesetzgeber unterscheidet in der Verwendungsabsicht, diese Unterscheidung darf und muss auch in der Höhe des Schadensersatzes Berücksichtigung finden.

2. Konkrete Lösungsansätze anhand unterschiedlicher Werksgattungen

Am einfachsten zu lösen ist nach meiner Meinung eine Vereinheitlichung des Verhältnisses des Schadensersatzes zu dem Unterlassungsstreitwert. Die Lösung ist natürlich: 42. Der Schadensersatz ist mit 42 zu multiplizieren um den Unterlassungsstreitwert zu erhalten. Überzeugend wird das Ganze in der Gesamtschau, wozu der Schadensersatz bei einem Musikalbum, einem Computerspiel und einem Porno Film  zu unterschiedlichen Zeitpunkten ermittelt wird. Dies hat als logische Konsequenz dann immer unmittelbare Auswirkung auf den Unterlassungsstreitwert.

a. Musikalbum

Ein Musikalbum kostet 10-12 EUR bei Veröffentlichung. Vorliegend wird von 10,00 EUR ausgegangen. Wenn die Rechtsverletzung in der auswertungsrelevantesten Phase vorgenommen wurde (6 Monate nach VÖ). Für die Lizenzanalogie wird (auch) der Verkaufspreis mit 42 multipliziert. Der Schadensersatz beträgt 420,00 EUR. Der Unterlassungsstreitwert (420,00 EUR X 42=17.640,00 EUR). Wenn die Verletzung allerdings sieben Monate bis zwei Jahre nach Veröffentlichung vorgenommen wird, ist die Hälfte des Verkaufspreis zur VÖ anzusetzen. Das bedeutet 5 X 42=210 EUR.  Der Unterlassungsstreitwert ist 210X42 EUR=8.820 EUR. Eine Reduzierung auf 1/4 des Verkaufspreis der Veröffentlichung ist bei einer Rechtsverletzung anzunehmen, die zwei Jahre nach Erstveröffentlichung vorgenommen wird. Der Schadensersatz beträgt immer noch 105,00 EUR und der sich daraus immer noch ergebende Unterlassungsstreitwert von 4.410,00 EUR ist immer noch eine deutliche Ansage (die Anwaltskosten wären über 400,00 EUR) gegen eine Bagatelisierung von Urheberrechtsverletzungen.

b. Pornofilm

Ein Pornofilm kostet ca. 18 EUR bei Veröffentlichung. Die Berechnung ist völlig identisch zu oben genannter Darstellung. Nur mit folgenden Unterschieden:

1). Dateigrößen Malus

Bei Filmen ist aufgrund der erheblichen Dateigröße und der damit verbundenen geringeren Verbreitungsmöglichkeit im Vergleich zu einem Album,  der Verkaufspreis unmittelbar um 50 % zu reduzieren.

2) Schnellere Nachfragverlust Malus

Bei Pornofilmen ist der deutlich schneller sinkenden Nachfrage – was auch mit der Überschwemmung und den geringen Produktionskosten zu tun haben mag – durch eine Reduktion um 50 % im 3 Monatsabstand, nach der verkaufsrelevanten ersten sechs Monatsphase.

3. Zwischenfazit

Das bedeutet, dass wer in den ersten sechs Monaten einen Pornofilm herunterlädt, der vorher noch nicht online zugänglich war, sondern direkt auf DVD in Deutschland in den Verkehr gebracht wird, mit einem Schadensersatz von knapp unter 400,00 EUR rechnen muss. Als ich dies zum ersten Mal durchspielte, war ich wenig begeistert. Kann es sein, dass ein schnell produzierter Porno genausoviel  Schadensersatz „bringt“ wie ein aktuelles Album? Andererseits begründet es keinen höheren Schadensersatz weil ein Werk vielleicht von dem Einzelnen eher missbilligt wird. Entscheided ist, ob und wie es am „Markt“ gefragt ist. Letztlich scheint mir, das Ergebnis  vertretbar. Viele Pornos werden heutzutage ohnehin zuerst in kostenpflichtigen  Streaming Portalen veröffentlicht, was den Höchstsatz regelmäßig verhindern würde. Zumal es nicht mehr möglich wäre, alte Werke durch Neueinbringen in Tauschbörsen nachträglich zu monetarisieren.

c. Computerspiel

Auch bei Computerspielen sind im Vergleich zu Musikalben, zwei Mali anzusetzen.

1). Dateigrößen Malus

Bei Computerspielen ist aufgrund der noch deutlich größeren Dateigröße als bei Filmen und der damit verbundenen geringeren Verbreitungsmöglichkeit im Vergleich zu einem Album oder Film,  der Verkaufspreis unmittelbar um 75 % zu reduzieren.

2) Schnellere Nachfrageverlust Malus

Bei Computerspielen ist der deutlich schneller sinkenden Nachfrage durch eine Reduktion um 50 % im 6 Monatsabstand Rechnung zu tragen.

Ausgehend von dem Kaufpreis eines Computerspiels von 45,00 EUR (teilweise bis 56,00 EUR) ist der zuzusprechende Schadensersatz in der „heißen“ verkaufsrelewandten Phase, knapp über dem Schadensersatz bei einem Album.

3. Schlussüberlegung zur Schadensberechnung beim Filesharing

Nach meiner Meinung kommt das hier vorgeschlagene Berechnungsmodell zu vertretbaren Ergebnissen. Dieser Berechnungsansatz ist durchaus ernst gemeint auch wenn bei der Lösung „42“  zumindest am Anfang der Schalk durchaus im Nacken gesessen haben mag.

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