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Die BGH-Entscheidungen zum Thema Filesharing: Eine Zusammenfassung

Von
Judge At Computer Bench

Die folgende Darstellung ist Zusammenfassung der bisher gefällten Entscheidungen zum Thema Filesharing hinsichtlich der materiell rechtlichen Rechtslage. Die Entscheidung sind von alt nach neu sortiert. Zusammenfassend kann man wohl festhalten, dass die Störerhaftung immer weiter eingeschränkt wurde, dafür aber die Anforderungen zur Durchbrechung der Täterschaftvermutung leicht verschärft wurden. Entweder der Anschlussinhaber haftet voll oder gar nicht.

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1) Urteil vom 27. Juli 2017 – I ZR 68/16 – Ego Shooter-Computerspiel

Der beklagte Ehemann hat den Vorwurf, ein Computerspiel verbreitet zu haben, bestritten und behauptet möglicherweise habe seine Ehefrau die Tat begangen. Auf Nachfrage habe auch sie bestritten, die Urheberrechtsverletzung begangen zu haben.

Täterschaftsvermutung: entkräftet
Sekundäre Darlegungslast: Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat.

Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nach-zuweisen

Der Beklagte ist der obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen, in dem er vorgetragen hat, seine Ehefrau komme als Täterin in Betracht, weil sie den Internetanschluss eigenständig und regelmäßig unter anderem zum Besuch von Streaming-Portalen wie „Youtube“ genutzt habe. An der ernsthaften Möglichkeit der Täterschaft der Ehefrau des Beklagten fehle es nicht deshalb, weil es sich bei dem Computerspiel um ein sogenanntes „Ego-Shooter“-Spiel handele. Solche Spiele würden auch von vielen Frauen gespielt. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Dass der Beklagte keinen näheren Vortrag dazu gehalten hat, was seine Ehefrau zu den behaupteten Tatzeitpunkten getan hat, wirkt sich angesichts des bis zur Abmahnung verstrichenen Zeitraums von fast zwei Monaten nicht zu seinem Nachteil aus. Dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses ist nicht abzuverlangen, zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen.

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2) Urteil vom 30. März 2017 – I ZR 19/16 – Loud

Die beklagten Eltern dreier Kinder haben sich mit der Aussage verteidigt, dass sie zwar wüssten welches ihrer Kinder die Urheberrechtsverletzung begangen hat, sie weigerten sich aber dies Preis zugeben. Der BGH hat entschieden, dass es den Eltern zwar frei steht, den Namen zu nennen. Wenn sie dies aber nicht tun, haften sie selbst als Täter.
Täterschaftsvermutung: nicht entkräftet
Sekundäre Darlegungslast: Die Beklagten sind der Behauptung der Klägerin, die Beklagten hätten allein auf den Internetanschluss Zugriff gehabt, zwar entgegengetreten. Dies genügt der obliegenden sekundären Darlegungslast aber nicht. Hierzu wäre es erforderlich gewesen mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hätten, mithin welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe. Indem sich die Beklagten weigerten, diese Angaben zu machen, beriefen sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer Kinder auf den Internetanschluss.

Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe der Annahme einer solchen zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen, weil dem zugunsten der Klägerin wirkenden Schutz des Art. 14 GG im Streitfall ein über-wiegendes Gewicht zukomme. Die Beklagten hätten die gegen sie sprechende tatsächliche Vermutung nicht erschüttert, weil sich ihre von ihnen als Zeugen benannten Kinder auf das ihnen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen hätten. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der von den Beklagten benannten Zeugen, die am Abend des Tattags bei ihnen zu Gast gewesen seien, habe es nicht bedurft. Die Behauptung, wegen des Besuchs keine Möglichkeit gehabt zu haben, die Verletzungshandlung zu begehen, sei nicht entscheidungserheblich, weil der rechtsverletzende Vorgang bereits vor Eintreffen der Gäste oder durch kurzzeitige Nutzung eines derjenigen Computer, die sich außerhalb des Wohnzimmers befanden, hätte in Gang gesetzt werden können.

Abmahnkosten: 1379,80 € Abmahnkosten wurden gefordert, 1044,40 € wurden zugesprochen. Eine Begrenzung der Abmahnkosten auf 100 € gemäß § 97a Abs. 2 UrhG aF komme nicht in Betracht, da es sich weder um einen einfach gelagerten Fall noch um eine nur unerhebliche Rechtsverletzung handele.

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3) Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 154/15 – Afterlife

Der Beklagte hat seine Täterschaft bestritten, in dem er darauf verwiesen hat, dass seine Ehefrau den Internetanschluss mitbenutzt hat. Außerdem hat er geltend gemacht, sein Router habe eine massive Sicherheitslücke aufgewiesen. Der BGH hat entschieden, dass die Internetnutzung des Ehepartners nicht mitgeteilt werden muss, um die Haftung abzuwenden.

Täterschaftsvermutung: entkräftet
Sekundäre Darlegungslast: Der Beklagte ist der sekundären Darlegungslast nachgekommen, in dem er seine Ehefrau als Mitnutzerin benannt hat und konkrete Sicherheitslücken des eingesetzten Routers vorgetragen hat. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast sei der Beklagte nicht verpflichtet, den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln und namentlich zu benennen. Ferner müsse er weder den Computer untersuchen noch konkreten Vortrag zu seinen Abwesenheitszeiten und denjenigen der Mitbenutzer halten. Der Beweis der Täterschaft des Beklagten sei der Klägerin nicht gelungen. Zwar habe die Ehefrau als Zeugin bekundet, selbst keine Filesharing-Software benutzt zu haben und den streitgegenständlichen Film nicht herunter-geladen und anderen Nutzern zum Download zur Verfügung gestellt zu haben. Die Kammer sei jedoch von der Wahrheit dieser Angaben nicht überzeugt. Es bestehe kein Anlass, den Angaben der Ehefrau mehr Glauben zu schenken als den Angaben des Beklagten. Der Beklagte hafte ferner auch nicht als Teilnehmer oder Störer.

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4) Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook

Wenn WG-Bewohner oder Gäste über den bereitgestellten Internetzugang illegal Filme, Musik oder Spiele hochladen, haftet der Anschlussinhaber nicht zwangsläufig. Ohne konkrete Anhaltspunkte ist er auch nicht verpflichtet volljährigen Personen über die Rechtswidrigkeit von Tauschbörsen aufzuklären.
Täterschaftsvermutung: entkräftet
Sekundäre Darlegungslast: Es besteht eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers. Er muss angeben, welchen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten. Dieser Pflicht ist die Beklagte nachgekommen, in dem sie angab, dass ihre Nicht und ihr Lebensgefährte den Anschluss während ihres Urlaubs mit genutzt haben. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es der Beklagten nicht zuzumuten, ihre volljährige Nichte und deren Lebensgefährten ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder seine volljährigen Besucher und Gäste, denen er das Passwort für seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, in einer solchen Weise zu belehren.

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5) Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch

Ein Familienvater der seinen Internetanschluss gemeinsam mit seiner Ehefrau und den zwei zur Tatzeit 15 und 17 Jährigen Töchtern nutzt, hat bestritten dass die ermittelte IP-Adresse richtig zugeordnet wurde. Außerdem hat er geltend gemacht, keine Anhaltspunkte dafür zu haben, dass seine Familienangehörigen die von den Klägerinnen beanstandeten Rechtsverletzungen begangen hätten.
Täterschaftsvermutung: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die streitbefangenen Audiodateien am 18. November 2007 um 19:51 Uhr im Internet unter einer dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnenden IP-Adresse zum Download bereitgehalten worden seien. Damit spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses für den festgestellten Eingriff in die Verwertungsrechte der Klägerinnen verantwortlich sei. Diese Vermutung habe der Beklagte nicht widerlegt. Aufgrund der Aussage seiner Ehefrau stehe fest, dass sie nicht als Täterin der in Rede stehenden Rechtsverletzungen in Betracht komme. Es bestünden ferner keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Kinder des Beklagten die in Rede stehenden Rechtsverletzungen unentdeckt hätten begehen können.
Sekundäre Darlegungslast: Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.

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6) Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 1/15 – Tannöd

Der Beklagte einer Urheberrechtsverletzung hat geltend gemacht, der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin sei jedenfalls auf 100 € beschränkt. Der BGH hat entschieden, der Gegenstandwert eines Spielfilm beträgt mindesten 10.000 €. Bei einem global erfolgreichen Blockbuster oder unmittelbar nach Kinostart können auch deutlich höhere Beträge angemessen sein.

Täterschaftsvermutung: unstreitig ist der Film „Tannöd“ über den von den Beklagten unterhaltenen Internetanschluss zum Herunterladen bereitgehalten und damit ohne Zustimmung der Klägerin öffentlich zugänglich gemacht worden.
Sekundäre Darlegungslast: unstreitig.
Streitwert: 10.000 €. Der Gegenstandswert einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechtes ist nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen Zu den bei der Bemessung des Gegenstandswerts zu berücksichtigenden Umständen zählen die Aktualität und Popularität des betroffenen Werks und der Umfang der vom Rechtsinhaber bereits vorgenommenen Auswertung. Wird ein durchschnittlich erfolgreicher Spielfilm nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin widerrechtlich öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 10.000 € angemessen. Liegt die Verletzungshandlung noch vor dem Beginn der Auswertung mittels DVD, kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten können entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Auffassung nicht zu einer Minderung des für die Kosten der Abmahnung anzusetzenden Gegenstandswertes führen.
Abmahnkosten: Nach § 97a Abs. 1 UrhG aF soll der Verletzte den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Danach besteht ein Anspruch auf Abmahnkostenersatz, wenn die Abmahnung begründet gewesen ist, ihr also ein materieller Unterlassungsanpruch zugrunde gelegen hat.

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7) Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III

Der Beklagte hat bestritten, dass seinem Internetanschluss zum maßgeblichen Zeitpunkt die streitgegenständliche IP-Adresse zugewiesen gewesen sei. Außerdem behauptete er, dass er zur Tatzeit mit seiner ganzen Familie im Urlaub gewesen ist und dass während der Zeit alle technischen Geräte vom Stromnetz getrennt worden sind.
Täterschaftsvermutung: Der Beklagte habe nicht in Abrede gestellt, dass ihm die in der Auflistung angeführte T-Online-Nummer zugewiesen sei. Er habe keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die gegen eine zur Tatzeit erfolgte Vergabe der IP-Adresse an seinen Internetanschluss sprächen. Nach dem Ergebnis der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Ehefrau und der Söhne des Beklagten stehe außerdem fest, dass der stationäre Computer des Beklagten am Nachmittag des 19. Juni 2007 mit dem Internet verbunden gewesen sei. Die Behauptung des Beklagten, die gesamte Familie habe sich zu diesem Zeitpunkt auf einer einwöchigen Urlaubsreise auf Mallorca befunden, sei durch die Aussagen der vom Beklagten als Zeugen benannten Ehefrau und seiner Söhne nicht zur Überzeugung des Gerichts bestätigt worden.
Andere Personen schieden als Verantwortliche für die Verletzungshandlung aus. Eine Benutzung des Computers durch die im Haushalt lebenden Familienangehörigen sei nach dem Vortrag des Beklagten, die gesamte Familie sei urlaubsabwesend gewesen, nachdem der Router vom Stromnetz getrennt worden sei, technisch unmöglich gewesen. Ebenso wenig erscheine es ernsthaft möglich, dass außenstehende Dritte sich Zugang zum Internetanschluss des Beklagten verschafft und damit die Rechtsverletzungen begangen haben könnten.
Sekundäre Darlegungslast: Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet.

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8) Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 7/14 – Tauschbörse II

Der Internetanschluss des Beklagten wurde auch von der damals 14-jährigen Tochter und dem damals 16-jährigen Sohn benutzt. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens hat die Tochter zugegeben, dass sie über eine Tauschbörse 407 Audio-Dateien heruntergeladen und öffentlich zugänglich gemacht hat.
Täterschaftsvermutung: Das Gericht ist davon ausgegangen, dass die Tochter der Beklagten die in Rede stehenden Rechtsverletzungen begangen hat. Dies ergebe sich aus dem Geständnis der Tochter im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung. Entgegen der Ansicht der Revision steht der Verwertung des polizeilichen Geständnisses nicht der Umstand entgegen, dass die Zeugin im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Landgericht zwar bestätigt hat, bei der Polizei die Verletzungshandlung gestanden zu haben, auf die Frage des Gerichts, ob sie es denn war, dazu aber nichts sagen wollte. Die Zeugnisverweigerung eines Zeugen im Zivilprozess schließt – anders als im Strafprozess gemäß § 252 StPO die Verwertung von Niederschriften früherer in Kenntnis des Zeugnisverweigerungsrechts getätigter Aussagen nicht aus.
Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch eine Urheberrechte verletzende Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen zu verhindern. Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Nicht ausreichend ist es insoweit, dem Kind nur die Einhaltung allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten aufzugeben.
Die Beklagte ist gemäß § 832 Abs. 1 Satz 1 BGB für den durch die Verletzungshandlung ihrer Tochter verursachten Schaden verantwortlich. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie ihre Aufsichtspflicht verletzt hat, weil sie die erforderliche Belehrung nicht vorgenommen hat.
Sekundäre Darlegungslast: nicht relevant

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9) Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I

Der Beklagte hat bestritten, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt er selbst, seine Familienangehörigen oder ein Dritter über seinen Internetanschluss die fraglichen Audiodateien zum Download angeboten hätten. Der Beweis, dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, kann dadurch geführt werden, dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird. Der Beweis kann auch regelmäßig durch ein zur Nachforschung beauftrage Unternehmen mittels IP-Adresse geführt werden.
Täterschaftsvermutung: Ist ein Tonträgerhersteller als Lieferant eines Musikalbums in der von der Ph. GmbH betriebenen Katalogdatenbank eingetragen, ist dies ein Indiz für die Inhaberschaft der Urheberechte an den auf dem Album enthaltenen Musikaufnahmen, welches nur durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet werden kann.

Es fehle an konkreten Anhaltspunkten für die Annahme, dass die IP-Adresse dem Beklagten fehlerhaft zugeordnet worden sei. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Ehefrau und des Sohnes des Beklagten bestünden keine Zweifel, dass die in Rede stehenden Musikaufnahmen über den Anschluss des zur Tat-zeit unstreitig eingeschalteten und mit dem Internet verbundenen stationären Computers des Beklagten zum Download angeboten worden seien. Der Beklagte habe für die über seinen Internetanschluss erfolgten Verletzungen der urheberrechtlichen Leistungsschutzrechte der Klägerinnen als Täter einzustehen.

Auch das Argument, der Beklagte sei IT-Fachmann und würde aufgrund seiner Fachkenntnis einen solchen Rechtsverstoß nicht vornehmen, ließ der BGH nicht genügen.

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10) Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare

Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
Täterschaftsvermutung: Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde
Sekundäre Darlegungslast: Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet
Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast dadurch entsprochen, dass er vorgetragen hat, der in seinem Haushalt lebende 20-jährige Sohn seiner Ehefrau habe die Dateien von dem in seinem Zimmer stehenden Computer zum Herunterladen bereitgehalten. Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen
Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen.

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11) Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – Morpheus

Ein 13-jähriges Kind hat über den Internetanschluss seiner Eltern mehrfach Audiodateien zum kostenlosen Herunterladen angeboten. Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Beklagten seien wegen einer Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen der Musikstücke entstanden sei.
Täterschaftsvermutung: Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Beklagten seien wegen einer Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen der Musikstücke entstanden sei. Der BGH hat entschieden Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ein Kind zu verhindern. Eine Verpflichtung zur Überwachung besteht erst, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt. Ein solcher Fall liegt nicht vor, so dass die Eltern nicht ihre elterliche Aufsichtspflicht verletzt haben.
Sekundäre Darlegungslast: nicht streitig, weil eine Ersatzpflicht nach § 832 I BGB nicht vorliegt, da die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht verletzt haben . Diese habe wie oben erläutert die erforderlichen Maßnahmen vorgenommen.

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12) Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens

Den Inhaber eines Internetanschlusses, von dem aus ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne Zustimmung des Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht worden ist, trifft eine sekundäre Darlegungslast, wenn er geltend macht, nicht er, sondern ein Dritter habe die Rechtsverletzung begangen. Wenn ein WLAN-Anschluss nicht hinreichend gesichert ist, haftet der Anschlussinhaber, falls Dritte über den Anschluss urheberrechtliche geschützte Musiktitel zum Tausch anbieten.
Täterschaftsvermutung: Der Beklagte habe die Rechtsverletzung nicht selbst begangen, da er zum fraglichen Zeitpunkt urlaubsabwesend gewesen ist und sich sein PC in einem abgeschlossenen Büroraum befunden habe, der keinem Dritten zugänglich gewesen ist. Die Rechtsverletzung könne daher nur von einem Dritten begangen worden sein, der die WLAN-Verbindung des Beklagten von außerhalb genutzt habe, um sich Zugang zu dessen Internetanschluss zu verschaffen. Ein WLAN-Anschlussinhaber hafte im privaten Bereich deshalb nicht generell wegen der abstrakten Gefahr eines Missbrauchs seines Anschlusses von außen, sondern erst, wenn konkrete Anhaltspunkte hierfür bestünden. Daran fehle es im Streitfall.
Sekundäre Darlegungslast: Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zu-geteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (vgl. OLG Köln MMR 2010, 44, 45; GRUR-RR 2010, 173, 174). Dieser sekundären Darlegungslast ist der Beklagte jedoch nachgekommen, indem er – von der Klägerin unbestritten – vorgetragen hat, zum fraglichen Zeitpunkt im Urlaub gewesen zu sein, während sich seine PC-Anlage in einem für Dritte nicht zugänglichen, abgeschlossenen Büroraum befunden habe. Die Vorlage eines Routerprotokolls hat die Klägerin von dem Beklagten in den Vorinstanzen nicht verlangt. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein solches Protokoll mit entscheidungserheblichem Inhalt hätte vorgelegt werden können, war der computertechnisch nicht versierte Beklagte jedenfalls nicht verpflichtet, von sich aus ein Routerprotokoll vorzulegen. Das Berufungsgericht konnte deshalb ohne Rechtsfehler annehmen, dass die unmittelbar urheberrechtsverletzende Handlung nur von einem Dritten begangen worden sein konnte, der die WLAN-Verbindung des Beklagten von außerhalb nutzte, um sich Zugang zu dessen Internetanschluss zu verschaffen.

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