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Schadensersatzansprüche wegen Filesharing: Verjährung nach 10 Jahren und nicht nach 3 Jahren

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Aktuell erreichen mich sehr viele Anfragen von Abgemahnten, die eine Klageschrift von Schulenberg und Schenk, BaumgartenBrandt oder ein Schreiben eines Inkasso Büros wie Debcon erhalten haben, die Vorwürfe betreffen Vorgänge aus 2009 oder 2010. Viele Abgemahnte sind verwundert und meinen die Forderung sei verjährt. Das ist leider nicht so.
Richtig ist, dass die zu erstattenden Anwaltskosten – wie in Internetblogs und auch in Foren hoch und runtergebetet – nach drei Jahren verjähren. Das gilt aber nicht für die reinen Schadensersatzansprüche des Rechteinhabers, weil z.B. sein Musikstück oder Film im Internet verbreitet und Dritten öffentlich zugänglich gemacht wurde. Hier gilt die sog. 10 jährige Verjährung gem § 102 S. 2 UrhG, 852 BGB . Dazu hat der BGH  Urteil des I. Zivilsenats vom 27.10.2011 – I ZR 175/10 –  Bochumer Weihnachtsmarkt in vergleichbarer Konstellation ausgeführt:

a) Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts finden nach § 102 Satz 1 UrhG die Vorschriften der §§ 194 ff. BGB über die Verjährung entsprechende Anwendung. Daher verjähren Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen nach §§ 195, 199 Abs.1 BGB regelmäßig innerhalb von drei Jahren. Es kann offenbleiben, ob danach Schadensersatzansprüche wegen Musikaufführungen bei Veranstaltungen in den Jahren 2004 und 2005 – wie die Revision geltend macht – zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 24. Februar 2009 verjährt waren.
b) Hat der Verpflichtete durch die Verletzung des Urheberrechts etwas auf Kosten des Berechtigten erlangt, findet nach § 102 Satz 2 UrhG die Bestimmung des § 852 BGB entsprechende Anwendung. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 Satz 2 BGB). Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist danach jedenfalls deshalb nicht verjährt , weil er auf Herausgabe einer durch die Verletzung des Urheberrechts erlangten Bereicherung gerichtet ist.
aa) Die Beklagte hat durch die Verletzung der von der Klägerin wahrgenommenen Urheberrechte auf deren Kosten etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe keinen Vermögensvorteil erlangt, weil ihr für die Veranstaltungen kein Entgelt zugeflossen sei. Die Beklagte hat durch die öffentliche Aufführung der Musikwerke in den Zuweisungsgehalt des von der Klägerin wahrgenommenen Rechts zur öffentlichen Wiedergabe der Musikwerke eingegriffen und damit auf Kosten der Klägerin den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn.33 = WRP 2010, 927 – Restwertbörse, mwN). bb) Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausg egeben werden kann, ist nach § 818 Abs.2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, GRUR 2010, 62 3 Rn. 33 – Restwertbörse, mwN). Die Höhe dieser Lizenzgebühr hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bestimmt (vgl.oben Rn. 15 ff.).
cc) Die Verpflichtung zum Wertersatz ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte nicht mehr bereichert wäre (§ 818 Abs.3 BGB). Die Revision  macht geltend, bei der Beklagten sei im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz kein Vermögensvorteil mehr vorhanden gewesen, da sie eine hundertprozentige Tochter der Stadt Bochum mit Gewinnabführungs – und Verlustnachschusspflicht sei . Mit diesem Vorbringen hat die Revision schon deshalb keinen Erfolg, weil es sich dabei um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlichen
Sachvortrag handelt (§ 559 Abs. 1 ZPO). Der Einwand der Revision wäre aber auch unbegründet. Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall
nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen,da das Erlangte – also der Gebrauch des Schutzgegenstands – nicht mehr entfallen -kann (vgl. BGH , Urteil vom 2. Juli 1971 – I ZR 58/70, BGHZ 56, 317, 322 – Gasparone II ).

Das bedeutet für Abgemahnte, dass die Verfahren sich deutlich länger hinziehen werden als noch aktuell vermutet. Vielmehr ist von einer Dritt- und Viertverwertung der Schadensersatzansprüche auszugehen. Die Forderungen werden sicherlich noch einige Male an unterschiedlich Inkassobüros abgetreten. In den Gerichtsverfahren ist es wichtig zu wissen, dass sich Abgemahnte bzw. Beklagte auf die Verjährung der Anwaltskosten berufen müssen. Das Gerricht wird die Teil-Verjährung nicht von Amts wegen berücksichtigen. Aufgrund der Entwicklung die Anwaltskosten (3  Jahre Verjährung) immer weiter herabzusetzen und die Schadensersatzansprüche (10 Jahre Verjährung) zu erhöhen, werden in 3 Jahren die Gerichtsverfahren maßgeblich auf den Schadensersatz fokussiert sein. Neben den Problemem auf tatsächlicher Ebenen hinsichtlich der Täterschaftsvermutung, könnte es allenfalls erfolgsversprechend sein, eine nicht notwendige Überschneidung zwischen Täterschaftsvermutung und Erlangtem darzulegen.

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