Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten bei Filesharing Klagen
Seit vielen Jahren sind wir für unsere Mandanten außergerichtlich und gerichtlich bei Filesharing Rechtsstreiten tätig, auch wenn wir einige Klageabweisungen erwirken konnten, ist die Frage, ob die eingeklagten Anwaltskosten wirklich erstattungsfähig sind, nur selten entscheidungserheblich gewesen. Dies könnte sich nun aufgrund der Entscheidung des LG Berlin v. 29. Oktober 2014, AZ 3 O 102/13 ändern.
1. Das außergerichtliche Verfahren/Abmahnung
Zwar wurde in der Vergangenheit oftmals der außergerichtliche Teil der Abmahnung auf Gebührenabsprachen hin befragt, aber kaum das Verhältnis des außergerichtlichen zum gerichtlichen Teil diskutiert – was freilich auch damit zusammenhängt, dass 2007-2013 Filesharing Klagen deutlich seltener eingereicht wurden.
Schon ab 2007 wurde diskutiert, ob die Rechteinhaber sogenannte Erfolgshonorare mit abmahnenden Anwälten geschlossen hatten. Diese Diskussion wurde 2009 durch Korrespondenz zwischen einem Frankfurter Anwalt und einer britischen Kanzlei, in der vereinfacht die Abmahnungen als eine Art „Joint Venture“ bzw. als „No Cost Model“ für den ursprünglichen Rechteinhaber bezeichnet wurden, neu entfacht. Grundsätzlich sind Erfolgshonorare nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich.
2013 wurde eine Gebührenabrede publik, welche der damals noch als Rechtsanwalt tätige Thomas Urmann über seine Kanzlei U+C mit einem Hersteller von Pornofilmen geschlossen haben soll. Herr Urmann, bestritt aber dass der veröffentlichte Entwurf, in der Form tatsächlich unterzeichnet wurde.
a. Erfolgshonorar Diskussion eher eine Sackgasse
Bei genauerer Betrachtung ist die Erfolgshonorar Diskussion aber eher eine Sackgasse, weil eine unwirksame Vereinbarung zur Folge haben könnte, dass der Gebührenanspruch wie „Phoenix aus der Asche“ wiederauferstehen würde. Die unwirksame Erfolgs-Abrede würde durch eine wirksame – und gesetzlich vorgesehene – Regelung (Abrechnung nach RVG) ersetzt.
c. Niedrigere Abrede als RVG
Bei der alten Diskussion, die teilweise sehr emotional geführt wurde, kam nach meiner Meinung die Überlegung zu kurz, dass natürlich auch geringere Gebühren vereinbart werden dürfen. Die abmahnende Kanzlei darf mit dem sie beauftragenden Rechteinhaber vereinbaren, dass statt 651,80 EUR (Beispiel für Gebühren nach Streitwert von 10.000,00 EUR) pro Abmahnung 300,00 EUR in Rechnung gestellt werden. Das muss dann aber auch so dem Abgemahnten mitgeteilt werden, ansonsten liegt ein Betrug vor.
c. strafrechtlich relevantes Verhalten
Problematisch war und ist aber, wenn in der Abmahnung gleichzeitig behauptet wird, dass die Abrechnung nach dem RVG und diese Kosten auch entstanden sind. Das stellt nämlich dann einen (versuchten) Betrug dar. Hier kommt es dann sehr auf die Formulierungen in den Abmahnungen selber an. Oft wurde dieses Problem in der Vergangenheit von abmahnenden Anwälten umschifft, indem sog Pauschalbeträge gefordert wurden.
d. Zwischenergebnis
Solange in den Abmahnungen nicht behauptet wird, dass Gebühren in Höhe des RVG Satzes entstanden sind, wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist, haben abmahnende Kanzleien und Rechteinhaber außergerichtlich also eher wenig zu fürchten. Mit den zunehmend geführten gerichtlichen Auseinandersetzungen hat die ganze Diskussion aber wieder Schwung aufgenommen und eine neue Fallhöhe erreicht.
2. Die gerichtliche Verfahren/Kostenklage
Wenn das außergerichtliche Vergleichsangebot nicht von den Abgemahnten angenommen wird, wird mittlerweile in tausenden von Verfahren Klage eingereicht. Dabei werden üblicherweise die Anwaltsgebühren nach dem RVG eingeklagt. Wenn aber außergerichtlich eine niedrigere Abrede hinsichtlich der anwaltlichen Abmahnkosten verabredet wurde, muss dies spätestens nun offengelegt werden.
In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des LG Berlin AZ 3 O 10213 v. 29 Oktober 2014 (noch nicht rechtskräftig) lesenswert, weil wieder – diesmal einer anderen Kanzlei als den oben Genannten – eine von dem RVG abweichende Abrede „unterstellt“ wird und diese Kanzlei gerichtlich auch besonders aktiv ist.
in der Entscheidung des LG Berlins, aaO wurde – ähnlich den obig beschriebenen Abreden folgende außergerichtliche Abrede dargestellt:
Nach dem Inhalt des Side Letter sollte geklärt werden, wie die aufgrund von Schutzverletzungen vereinnahmten Zahlungen zwischen den betroffenen Parteien verteilt werden. Zunächst sollten von jeder Zahlung 400,00 €, jedoch höchstens 1/3 des tatsächlichen Zahlbetrags abgezogen werden, um einen Risikofonds einzurichten und Auslagen zu decken. Von den verbleibenden Erlösen sollten 25 % der örtliche Verleih, 25 %“* , 25 % G*** und 25 % der vor Ort prozessbevollmächtigte Anwalt erhalten. Der Side Letter wurde von den Vertretern der***, der Klägerin und der G**-* unterzeichnet.
Wenn nun in Gerichtsverfahren der Kanzlei, welcher obige Abrede zugeschrieben wird. vorgetragen wird, dass außergerichtlich nach Streitwert abgerechnet wird, ist dies wohl höflich formuliert überraschend. Das Amtsgericht Hamburg hatte übrigens schon zuvor mangels Vortrags zu den Innenabreden keine Abmahnkosten zugesprochen.
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