Klarnamenpflicht oder nicht auf Kununu
Arbeitnehmer können auf der Plattform Kununu nach aktueller Rechtsprechung weiterhin anonym Bewertungen über ihren Arbeitgeber abgeben. Ein aktueller Fall in Hamburg hat erneut die Frage aufgeworfen, ob die Meinungsfreiheit von Arbeitnehmern oder ehemaligen Arbeitnehmern gewahrt werden muss oder ob diese sich mit ihrem Klarnamen identifizieren müssen, um sicherzustellen, dass sie mit dem Unternehmen in Kontakt stehen. Das letzte Wort ist dazu aber noch nicht gesprochen.
Anonyme Bewertungen fördern Offenheit und Transparenz
Kununu ist eine beliebte Online-Bewertungsplattform, auf der Mitarbeiter und ehemalige Mitarbeiter ihre persönlichen Erfahrungen mit Unternehmen teilen. Dabei werden Kategorien wie Betriebsklima, Vorgesetztenverhalten, Kommunikation und Arbeitsbedingungen bewertet. Ziel ist es, Transparenz am Arbeitsplatz zu schaffen und interessierten Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, sich umfassend über potenzielle Arbeitgeber zu informieren. Die bewerteten Unternehmen wiederum können auf Kununu ihre Marke stärken und ein positives Image als Arbeitgeber aufbauen. Damit bietet die Plattform sowohl Arbeitnehmern als auch Unternehmen eine wertvolle Informationsquelle für den Arbeitsmarkt.
Anonyme Bewertungen abzugeben, bieten ehemaligen Mitarbeitern die Freiheit, ihre Meinung ohne Einschränkungen zu äußern. Dies fördert Offenheit und Transparenz, da sich die Mitarbeiter nicht zurückhalten müssen aus Angst vor möglichen Repressalien seitens des Arbeitgebers. Auf diese Weise können aber auch unangenehme Wahrheiten ans Licht kommen, die anderen potenziellen Mitarbeitern bei ihrer Entscheidungsfindung helfen.
Hamburger Start-up-Unternehmen stellt die Anonymität der Bewertungsplattform infrage
Um dies besser einzuordnen. Zunächst entschied das Landgericht Hamburg im einstweiligen Rechtsschutz (Schnellverfahren) 8. Januar 2024, Az. 324 O 559/23, über das Begehren eine Bewertung von der Plattform Kununu zu entfernen. Diese Klage scheiterte. Dann entschied das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 8. Februar 2024, Az. 7 W 11/24 im einstweiligen Rechtsschutz und fällte die Entscheidung, mittels derer die Anonymität der Bewertungen der Bewertungsplattform infrage gestellt wurde. Diese Entscheidung ging stark durch die Presse und wurde viel diskutiert.
Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen:
Der Ablauf war wie folgt:
- Landgericht Hamburg vom 8. Januar 2024, Az. 324 O 559/23, --- EV (keine Klarnamenpflicht)
- OLG Hamburg, Beschluss vom 8. Februar 2024 - 7 W 11/24 --- EV (Klarnamen zu nennen oder Löschung)
- LG Hamburg Mündliche Verhandlung vom 26. April 2024 --- HS (keine Klarnamenpflicht)
- OLG Hamburg --- HS (noch keine Entscheidung)
Das Landgericht Hamburg hatte im Frühjahr dieses Jahres die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts Hamburg 8. Februar 2024 - 7 W 11/24 aufgehoben die das Bewertungsportal Kununu zur Herausgabe der Klarnamen von Nutzern oder zur Löschung von Bewertungen verpflichtet hatte. Das OLG hatte verlangt, dass das bewertete Unternehmen den Verfasser der Bewertung identifizieren können muss (OLG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 - 7 W 11/24). Das Landgericht hatte Hamburg hatte diese Entscheidung aufgehoben und argumentierte, dass anonymisierte Nachweise von Kununu ausreichen, um die Prüfpflicht des Portals zu erfüllen.
Zur Einordnung:
Der Streit drehte sich um die Möglichkeit der Identifizierung von Bewertungsverfassern aufgrund der Verwendung pseudonymer E-Mail-Adressen auf Kununu oder wenn dies nicht erfolgt ob die Bewertung gelöscht werden muss.
Die Antragstellerin, ein Hamburger Start-up-Unternehmen, forderte die Löschung negativer Bewertungen auf Kununu, da sie deren Echtheit anzweifelte. Die Beklagte Kununu lehnte dies ab; das Landgericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung zurück, die vorgelegten Nachweise reichten aus, um die Arbeitnehmereigenschaft der Bewertenden zu belegen. Diese Nachweise wurde durch die Übersendung von anonymisierten Tätigkeitsnachweisen erbracht.
Das Oberlandesgericht hatte dagegen im Eilverfahren anders entschieden. Diese Entscheidung wurde in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Mittlerweile entschied jedoch das Landgericht in der Hauptsache und hob die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts auf.
Kununu bleibt ihrem Grundsatz treu
Kununu-CEO Nina Zimmermann nahm zur Entscheidung des OLG und der entsprechenden Prüfpflicht folgendermaßen Stellung:
„Kununu wird die Anonymität weiterhin wie gehabt wahren. Daten von Nutzern werden grundsätzlich nicht an Dritte weitergegeben, sofern es nicht eine gesetzliche, richterliche oder behördlich angeordnete Verpflichtung hierfür gibt. Wir werden also weiterhin die Identität unserer Nutzer:innen schützen und sehen uns aufgrund der OLG HH Entscheidung nicht dazu verpflichtet, die Klarnamen unserer Nutzer herauszugeben. Die Anonymität unserer User:innen entspricht dem Kern unserer Bewertungsplattform und unserer tiefen Überzeugung. Die Möglichkeit einer anonymen Bewertung ist ein grundlegendes Recht, für das wir rigoros kämpfen und übrigens auch wichtig für den unverstellten Blick der Arbeitgeber auf ihr Unternehmen ist.“
Zwischenzeitlich wurde die Position von Kununu durch das LG Hamburg in der Hauptsache gestützt. Klar ist aber auch, dass das letzte Wort wieder das Oberlandesgericht Hamburg nun in der Hauptsache sprechen wird, und diese Entscheidung noch aussteht.
Klarnamenpflicht oder nicht...was denn nun?
Eine Offenbarung des Namens jeder Bewertung scheint unangemessen und übertrieben und kaum mit den Vorgaben des BGH vereinbar. Unternehmer müssen aber Bewertungen auf Authentizität angemessen prüfen können. Es gilt den alten Konflikt aufzulösen: Die freie Meinungsäußerung dient einer ausgewogenen und fairen Grundlage für den Austausch von Erfahrungen im Arbeitsumfeld. Sowohl die Anonymität der Nutzer als auch die Sicherstellung der Authentizität der Bewertungen sind wichtige Aspekte, um eine konstruktive Diskussion zu ermöglichen und sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern wertvolle Einblicke zu bieten.
Der von Kununu eingeschlagene Weg, dem Unternehmen anonymisierte Nachweise ohne Namensnennung vorzulegen, kann einen Kompromiss darstellen, wenn
a) die Nachweise der Arbeitnehmereigenschaft nachvollziehbar sind
b) die Bewertung von ihrer Angriffsintensität überschaubar sind.
Je schärfer der Angriff desto höhere Anforderungen sollten aber an die Nachvollziehbarkeit der Authentizität gestellt werden. Leider erhalten wir in unserer Praxis auch bei sehr verletzenden Bewertungen Nachweise, welche faktisch auch von einem Dritten oder aus dem Internet herrühren könnten. In Zweifelsfällen muss Kununu zumindest im Innenverhältnis sicherstellen, dass der Bewerter auch Mitarbeiter war. Dazu könnte der Bewerter seinen Arbeitsvertrag ungeschwärzt samt Personalausweis Kununu vorlegen, welche diese Information dann verifizieren, ohne diese dem Unternehmen zu offenbaren.
Schaffen Sie Waffengleichheit
Kununu im Alleingang zu kontaktieren ist nicht ratsam. Wenn die Bewerter von Kununu per Anwaltsschreiben zur Stellungnahme aufgefordert werden, sind sie im Zweifel vorsichtiger.
Wenn Sie als Unternehmen von negativen Bewertungen betroffen sind, reicht unserer Erfahrung nach eine gute Argumentation samt Strategie aus. Auf diese Weise konnte ich schon eine Vielzahl von falschen Kununu-Bewertungen erfolgreich angreifen.
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